Heute wieder mal die Montagsfrage von Buchfresserchen: Sind deine Erfahrungen mit Indie-Autoren/Selfpublishern eher positiv oder eher negativ?

Ööhhhm. Räusper. Naja… Also Indie-Autoren sind generell unglaublich gutaussehend, sexy, faltenfrei und zuvorkommend. Dazu noch polyglott, emotional reif und vielseitig gebildet. Und bescheiden! Unglaublich bescheiden.
Im Ernst: Die Frage fühlt sich für mich ein wenig schizophren an 😉 … Meine Erfahrungen mit Indieautoren sind natürlich irgendwie „gefiltert“, weil ich ja selbst (in Kürze) eine bin.
Indie-Autoren kenne ich hauptsächlich aus Facebook-Gruppen und dergleichen. Und da ist es wie überall im Leben: Es gibt total nette und auch ein paar … mit – sagen wir – menschlichem Entwicklungspotential. Viele helfen einander weiter und sind echt bemüht, aber es gibt schon auch eine Menge Futterneid.
Ein bissl mühsam finde ich die endlose Diskussionen, ob man seine Texte vor der Veröffentlichung lektorieren/korrigieren lassen sollte … ob nur Kleingeister Wert auf Interpunktion und Orthographie legen, und obs Indies generell schwerer haben, weil die Maßstäbe viel strenger sind („… in den Veragsbüchern gibts auch Fehler! Da darf ich auch! Das ist gemein!“). Oder auch diese Künstler-Attitüde á la „Mein Genie ist unverstanden …“. Wenn man Unterhaltungsliteratur schreibt, dann sollte die schon auch verständlich sein, denke ich. Ansonsten leidet möglicherweise der Unterhaltungswert. Gibts übrigens bei den Fotografen auch… da ist es dann die Technik, mit der man sich nicht auseinandersetzen muss, weil man ja so ein wahnsinniges Ausnahmetalent ist, für das solche Lächerlichkeiten wie optische Gesetze keine Gültigkeit haben.
Generell kann ja jeder entscheiden, was er veröffentlicht. Und ich finde es großartig, dass es diese Möglichkeit gibt! Ich gehöre zu den eher ungeduldigen Leuten, und die Vorstellung mir jetzt einen Agenten und dann noch einen Verlag suchen zu müssen … Puh!
Aber da ich schon ziemlich lange als Fotografin selbstständig bin, kann ich aus Erfahrung sagen: schlußendlich setzt sich auch im Kreativbereich nur Qualität durch. Und Talent alleine reicht leider nicht … Meist steckt auch hinter „plötzlichen“ Erfolgen viel Arbeit. Und diejenigen, die ohne jede Ausbildung ein „One-Hit-Wonder“ landen, setzten sich meist nicht durch. Ich sehe es so: Wenn man Geld für seine Arbeit verlangt, dann sollte man die bestmögliche Leistung dafür bieten.
Es hat wenig Sinn, seine eigenen Arbeiten mit Verlagsbüchern zu vergleichen, wenn man nicht auch bereit ist, die entsprechende Arbeit reinzustecken. Für einen Indie-Autor bedeutet das im Normalfall, dass er zumindest 1.000 Euro in ein Buch (Lektorat, Cover, Satz) investiert, bevor er es rausbringen kann … wahrscheinlich eher in Richtung 2.000, weil ja auch Online-Werbung, Gewinnspielpreise, Website und dergleichen bezahlt werden wollen. Dass ist eine Menge Geld, da könnte man auch auf Urlaub fahren. 😉
Dass viele sensibel auf Kritik reagieren, wenn sie monate- oder jahrelang an ihrem Baby gearbeitet haben, versteh ich auch. Ich hab mir schon mal einen Schokolade- und Taschentüchervorrat angelegt, wenns bei mir soweit sein wird 😉 Als Kreative(r) ist das oft hart: Da arbeitet man lange an etwas und investiert viel Herzblut… Kritik am Werk ist dann oft auch Kritik an einem selber, einfach weils ja aus einem heraus „geboren“ wurde. Das sachlich zu sehen ist oft schwer, da hilft manchmal nur zeitlicher Abstand.