dunkelsteiner wald
Drachensachen
Bisher hab ich die Cover meiner Bücher immer selbst entworfen, und dann von meinem Grafiker reinzeichnen lassen. Diesmal dachte ich, vielleicht lasse ich das Cover komplett fremddesignen.
Aber ich hab festgestellt, dass mir die grafische Beschäftigung mit meinem Buch fehlt. Aus irgendeinem Grund hilft mir „meine“ visuelle Umsetzung beim Schreiben … also hab ich mir ein Wallpaper für meinen Mac gebastelt, auch wenn das Cover dann vermutlich ganz anders aussehen wird. 😉
Wer mag, kann das Wallpaper gerne verwenden … ein Klick bringt euch zur großen Version.
Ja, ich will.
Gestern hab ich den Buchanfang der Drachensachen überarbeitet, und als Mr. Cole dann am Abend nach Hause gekommen ist, habe ich ihn gezwungen bestochen nett gefragt, ob er mal drüberlesen kann.
Das Buch beginnt im Moment so –
(unlektoriert, unkorrigiert und vor ein paar hundert weiteren Überarbeitungen)
„Ich würde das Haus wahnsinnig gerne lebend erreichen, Jolanda“, sagte Tante Adelheid neben mir, dann tätschelte sie meine Hand. Das Gefühl ihrer faltigen, weichen Haut beruhigte mich diesmal nicht. Die immer gleichen Gedanken nagten mit spitzen Zähnen an mir, bis mein Inneres nur noch in Fetzen herunterhing. Am liebsten hätte ich geschrieen.
Vor uns machte die Straße eine jähe Kurve, und ich riß das Lenkrad herum. Die Reifen kamen knirschend von der Straße ab, und Schotter spritzte in hohem Bogen in den Wald. Fluchend lenkte ich gegen, bis wir schlenkernd wieder auf die Straße zurückkamen. Der Inhalt der Kisten im Kofferraum klapperte bedenklich, und ich nahm meinen Fuß vom Gaspedal. Wie gereizt ich auch war, meine Schätze würde ich nicht aufs Spiel setzen.
Ich griff das Lenkrad ein wenig fester und konzentrierte mich auf die Straße. Das Zwielicht verwandelte den Asphalt unter meinen Rädern in narbige Haut. Ringsum lag der Dunkelsteiner Wald wie eine Festung aus Bäumen, und dieser verfluchte Nebel hüllte alles ein. Fast als hätte er einen eigenen Willen, schien er mit weißen, faserigen Fingern nach meinem Auto zu greifen.
Ich schüttelte die Gedanken ab und drehte die Heizung auf. Wie üblich, flogen zuerst Staub und kleine Körnchen an Was-auch-immer aus der Lüftung. Leicht ranzig riechend Wärme flutete in den Innenraum, und Tante Adelheid wedelte hustend mit der Hand.
„Wann war dieses Auto das letzte Mal in der Werkstatt?“, fragte sie und beäugte mich misstrauisch. „Bist du sicher, das es noch Straßenzulassung hat? Ich verwette einen Hut darauf, dass diese Kiste hier älter ist als ich. Und das …“, sie kicherte und beugte sich näher zu mir, „… das ist wirklich alt. Antik, um genau zu sein.“
„Könntest du etwas weniger gut gelaunt sein?“, knurrte ich. „Bitte“, fügte ich dann noch hinzu, weil ich selbst in meinen Ohren nicht so richtig höflich klang.
„Nein“, sagte Tante Adelheid. „Alles wird sich finden. Heute ist der erste Tag …“
„… vom Rest meines Lebens“, unterbrach ich sie gereizt. „Ich weiß.“
„Dann ist ja gut“, sagte sie und strahlte mich an. Ihre Augen waren von einem ganz eigenartigen veilchenblauen Ton, genau wie meine. Ihr Gesicht war schmal, aber ein wenig zu lang. Die Augen standen etwas zu weit auseinander. Der Mund war voll, und ein wenig zu groß, die Nase einen Hauch zu breit. Sie war nah dran schön zu sein. So nah, dass die kleinen Unregelmäßigkeiten enervierend wirkten. Leider galt das auch für mich – ich war meiner Tante wie aus dem Gesicht geschnitten. Wir sahen aus, als hätte ein Puppenmacher seine Brille vergessen, und beim Anfertigen des Gesichts immer ein klein wenig danebengegriffen.
An dieser Stelle hat Mr. Cole gestoppt. Mich angesehen, Kopf geschüttelt.
Mr. Cole: Das musst du dir dringend noch mal überlegen.
Ich: Warum?
Mr. Cole: Weil es extrem schwierig wird, die Rolle zu besetzten, wenn das Buch dann verfilmt wird.
Lol!
Das bringt mich jetzt zwar nicht weiter, was mein erstes Kapitel angeht. Aber ich würde ihn jeden Tag wieder heiraten 😉
Gähn.
Guten Morgen. Es ist dunkel draußen, und selbst das weiße Rauschen, das normalerweise wie akustische Watte vom Stadtzentrum zu uns klingt, fehlt noch. Ich kann nicht schlafen, weil die Drachen in meinem Kopf rumspuken.
Wie soll ich auch schlafen, wenn ich das Gefühl habe, an genau der richtigen Geschichte zu schreiben?
Also was mach ich jetzt? Genau. Kaffee. Und ein wenig schreiben.
Das Schlechte am Schreiben ist, dass der Alltag den Bildern im Kopf oft wenig entgegenzusetzen hat. Einkaufen vs. Giebeltürmchen-Drachen-Villa im Dunkelsteiner Wald? Staubsaugen oder auf ledrigen Schwingen über den Wald fliegen?
Ich muss mich oft losreißen von meiner Geschichte. Und selbst dann kriecht sie ständig in mein Gehirn, wie Bodennebel. Aber jetzt: keiner vermisst mich, keiner will etwas, niemand schaut böse, weil ich in Gedanken schon wieder abgedriftet bin.
Ich fürchte, ich hab eine Affäre mit meinem Buch. 😉
#update: Jolanda Stern, die Eigenwillige
Eigentlich sollte Jolanda Stern die Heldin einer Kurzgeschichte sein… Aber mittlerweile hat sie es geschafft, es sich in meinem Gehirn bequem zu machen. Sie ist grummelig, anstrengend und sehr eigenwillig. Und ich mag sie richtig gerne.
Die Geschichte wird größer und komplexer, und hat sich mit einer anderen Idee verbunden, an der ich schon lange arbeite. Das war so nicht geplant, aber ich denke … Jolanda wird wohl ein richtiges Buch bekommen. Sie und die Villa, die exzentrische Tante Adelheid und die Welt drum herum … das wäre nicht in einem Kurzroman erzählbar.
Das heißt, dass Teil 3 der „Küss mich … Serie“ noch ein wenig warten wird. Mit dem Lektorat von „Küss mich im Sommerregen / Teil 1“ gehts gut voran, und ich freu mich schon darauf, wenn ich euch das Buch endlich präsentieren kann. Und ich hoffe, dass ich im Sommer mehr Zeit zum Schreiben finden werde als jetzt gerade! 🙂
aus einer anderen Zeit
Für mein aktuelle Schreibprojekt hab ich mir wieder ein Pinterest-Board zusammengestellt… Ich möchte in so einer Villa wohnen! 🙂
Die Geschichte handelt von Jolanda Stern, die es gemeinsam mit ihrer exzentrischen Tante Adelheid in eine alte Villa im Dunkelsteiner Wald verschlägt. Der Dunkelsteiner Wald liegt im Waldviertel – ein Teil von Österreich, der schon seit Urzeiten besiedelt ist. Dementsprechend viele Mythen und Sagen ranken sich um das Gebiet… Tiefe Wälder, uralte Steinkreise und ein weites Land.