Online-Heftroman: Savannahs güldenes Herz, Kapitel II

Hier gehts zu Teil 1.

Savannah läuft immer noch im Zustand höchster Konfusion und Erregung hinter Carla von Kratzenkatz-Düsterstein her, drückt die eichern-männliche Tür zum Büro ihres Chefs auf, und der herbe Geruch seines Aftershaves steigt in ihr keckes Stupsnäschen. Niemand kann Savannah vorwerfen, was nun passiert: Denn der Anschlag dieses männlichen Dufts auf ihre Nerven zerschreddert gnadenlos das letzte Bisschen Selbstkontrolle, ihre Knie versagen den Dienst, und sie fällt der Länge nach auf den Boden. Als sie sich benommen hochdrückt, sieht sie in drei Paar eiskalte Augen: Carla von Kratzenkatz-Biestersteins, Prinz Botho Degenharts und der des sinistren Anwalts.

„Entschuldigen Sie“, murmelt Savannah, rappelt sich hoch und streicht verlegen über ihre einfach Kleidung aus Sackstoff, die sie selbst des Nächtens bei Kerzenschein anfertigt.

„Das hast du mit Absicht getan“, kreischt von Kratzenkatz-Düsterstein in Richtung von Prinz Botho Degenhart, ohne weiter auf Savannah zu achten. „Du hättest mich informieren müssen, aber du hast mich hintergangen. Ausgeschlossen aus deinem Leben. Wie so oft, Prinz Botho, wie so oft!“

„Sei nicht unvernünftig, Carla“, vibriert der tiefe, sinnliche Bass von Prinz Botho Degenharth durch das Büro. Savannah seufzt, als sie ein Schauer überläuft. Seine Stimme hat diesen Effekt auf sie, was auch immer er zu ihr sagt: Das Toilettpapier auf meinem marmornen Privatklo ist alle, kaufen Sie neues, oder Vertrag schreibt man nicht mit F, Sie dumme Kuh … jedes Mal gleitet seine Stimme wie Nougat über ihre Haut. Ein ekstatisches Lächeln breitet sich auf ihrem Gesicht aus, und sie spielt selbstvergessen mit einer Haarlocke. Sie weiß, Prinz Botho Degenhart wird sie niemals bemerken, oder im biblischen Sinne erkennen … aber sie kann doch träumen, nicht wahr? Sie beißt auf ihre Unterlippe, und sie seufzt.

Aber warum ist es plötzlich so ruhig? Als sie aufblickt, starren Sie abermals drei Augenpaare eiskalt an.

„Geht es Ihnen nicht gut, meine Liebe?“, fragt der sinistre Anwalt sinister.

„Err…“, sagt Savannah. „Nein, doch, schon, nicht, aber, deshalb.“

Carla von Katzenkratz-Biesterstein trommelt mit ihren perfekt manikürten Fingernägeln auf Prinz Bothos bestem Stück, seinem Schreibtisch. Der mörderische Blick aus ihren eiskalten Augen sagt Savannah, dass sie genau weiß, was Savannah gerade eben noch so unschuldig vor sich hingeträumt hat.

„Wenn Sie schon mal hier sind, dann setzen Sie sich eben“, herrscht Prinz Botho Savannah an.

„Aber wozu brauchen wir Sie?“, fragt Carla. „Ist es nicht idiotisch, die Tippse bei diesem höchst geheimen Geheimgespräch, dass du sogar vor mir, deiner Verlobten, verbergen wolltest, dabei sein zu lassen?“

Prinz Botho von Degenhart legt den Kopf schief, und denkt ganz, ganz intensiv nach. Für einen Moment kann Savannah deutlich den sanften, treuen Labrador sehen, der er eigentlich ist. Hinter all dem Schmerz, den dieses noch nicht enthüllte, aber total düstere Geheimnis aus seiner Vergangenheit verursacht hat.

„Ach, ich weiß auch nicht“, sagt Prinz Botho dann.

„Jetzt, wo ich so darüber nachdenke, brauchen wir eigentlich unbedingt eine Zeugin“, zischt der sinistre Anwalt. „Das hatte ich nur aufgrund meines außergewöhnlich hohen Alters und der gallopierenden Senilität, die aber irgendwie in keinem Widerspruch zu meinem Beruf steht, vergessen. Savannah ohne Nachnamen muss also unbedingt hierbleiben.“

„Aber ich bin doch nur ein einfaches Mädchen“, haucht Savannah der erneuten Ohnmacht nahe, und spürt, wie das Blut in ihre Wangen steigt.

In ein paar schnellen Schritten ist Prinz Botho von Degenhart bei ihr. Er greift nach ihrer Hand, und hält sie ganz fest in seiner riesigen, warmen aber keinesfalls schwitzigen Hand. „Du kannst alles sein, was du willst. Tief in deinem Inneren schlummert ein Popstar. Eine Eiskunstläuferin. Eine Astronautin. Ein Supermodel“, flüstert er ihr zu. Sein Blick ist so intensiv, seine Nähe so überwältigend, dass Savannah nun diesmal aber wirklich beinahe in Ohnmacht fällt, doch seine starken Arme halten sie aufrecht.

Dann ist der Moment plötzlich ohne Vorwarnung vorüber, und Prinz Botho wieder am anderen Ende des Raumes. Savannah blinzelt. Hat sie etwa geträumt? Vielleicht sollte sie die paar Gläschen Kräuterschnaps in der Frühstückspause weglassen.

„Ich bin hier, um das Testament ihres verstorbenen Onkel Prinz Derberich Degenhart vorzulesen“, krächzt der sinistre Anwalt, während er mit hageren Spinnenfingern das Testament aus dem Umschlag zieht.

„A-ha!“, ruft Carla Kratzenkatz-Biesterstein. „Also ist es doch wahr!“

„Ja“, sagt Prinz Botho, sinkt auf seine Knie und schluchzt waidwund auf, „Es ist alles wahr. Er ist tot. T-o-t-h!“ Er reckt seine Arme anklagend gegen Himmel. „Waaaaaaruuuuum?“, brüllt er gegen die Zimmerdecke, und bricht dann auf dem dicken Perserteppich zusammen, der sein männlich-heiseres Schluchzen erstickt.  Carla betrachtet ihn mit Abscheu, dann wendet sie sich ihren Fingernägeln zu.

„Der arme Onkel! Wie ist er denn gestorben?“, piepst Savannah.

Der sinistre Anwald grinst sie haifaischgleich an, seine Zähne glitzern spuckefeucht im Licht der Schreibtischlampe. „Er hatte viele Feinde. Deswegen hat er sich entschlossen, seinen Tod durch einen Unfall beim Minigolf vorzutäuschen, und sich dann unter einer neuen Identität als Prinz Gerberich Gebenhart ins Ausland abgesetzt. Aber es kamen ihm wohl Zweifel, ob er wirklich unauffindbar wäre, und so hat er seinen zweiten Tod durch einen Haifischangriff in der Badewanne inszeniert, und sich als Prinz Serberich Sebenhart in ein anderes Ausland abgesetzt. Dabei starb er nun bedauernswerterweise durch einen Flugzeugabsturz.“

„Oh“, haucht Savannah, deren Kopf brummt. Nun, sie muss ja auch nicht alles verstehen, das ist für den Verlauf dieser Geschichte bestimmt nicht wichtig.

„Kommen wir doch endlich zur Sache. Wie viel hat Prinz Botho denn nun geerbt?“, fragt Carla mit ungeduldig funkelnden Augen.

„Oh, ungefähr siebenundzwanzig Quadrillionen, das Königreich Kannitverstan und eine Fabrik für glutenfreies Bier“, schnarrt der Anwalt.

„Ha, ich liebe glutenfreies Bier“, ruft Prinz Botho, und ein Strahlen tritt auf sein tränennasses, aber ungebrochen attraktives Gesicht. „Mein Darm ist äußerst empfindlich.“

Der sinistre Anwalt wiegt seinen Kopf hin und her, wie ein Wellensittich vor dem kleinen Plastikspiegel in seinem Käfig.

„Aber es gibt eine Bedingung“, sagt er, und seine Worte hallen auf beinahe unnatürliche Weise in dem ansonsten echofreien Büro.

Alle halten den Atem an, und werfen einander bedeutungsvolle Blicke zu.

To be continued.

 

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