Sisyphos on Tour

Ich weiß nicht, wie sehr man das auch außerhalb der Selfpublisher-Szene mitbekommt, aber in den letzten Wochen gabs ein paar heiße Themen. Mit regelrechten Schlammschlachten und total unversöhnlichen Lagern.

1) Manche Autoren schreiben ab.
2) Amazon ist super/blöd
3) Lekorat ja/nein, Verlage sind böse/mein Traum

zu 1) Keine gute Idee. Allerdings sollte man sich mit Verdammungen vielleicht auch zurückhalten, wenn man die Hintergründe nicht kennt. So ein Leben bietet einen Menge Möglichkeiten, Fehler zu machen. Und fast jeder hat ein paar Sachen hinter sich, auf die er nicht stolz ist. Ich denke, jetzt über die betroffenen Autoren herzufallen, ist nicht unbedingt der beste Stil. Das wird vermutlich die Rechtsabteilung des betroffenen Verlages erledigen.  (Übringes frag ich mich, warum das ein Argument gegen Indies ist – wenn jemand

zu 2) ähm. ja. beides? Ich will einen Telefonjoker.

zu 3) wer da ein wenig nachlesen will, kann hier mal anfangen.

Wenn ich in meinem mittlerweile methusalemischen Alter von 35 eines gelernt habe, dann folgends: Lass die Leute reden. Mach dein Ding. Reg dich nicht auf, das kostet nur Energie und bringt nichts. Steck die Energie lieber in sinnvolle Dinge.

Was nicht heißt, dass es nicht Bereiche gibt, wo es durchaus angebracht ist, zu kämpfen. Aber Windmühlen sind wahrscheinlich der falsche Gegner.

Ich denke, dass meinen Büchern das Lektorat sehr gut tut. Ich sehe es auch als Investition in die Zukunft: Wenn meine Bücher so gut wie nur irgendwie möglich sind, dann kommen meine Leser (hoffentlich) beim nächsten Band wieder mit mir auf Kopfurlaub. Denn wer fährt schon mit jemandem auf Urlaub, dessen Gebrabbel keinen Sinn macht, und der Wörter falsch verwendet? (Außer, das passiert am Abend und es war Martini im Spiel.)

Ob andere Indie-Autoren das auch so sehen, ist mir irgendwie (positiv) egal. Es gibt solche und solche. Und ja klar, es gibt auch Bücher, die trotz Lektorat grauenhaft sind. Und Bücher, die ohne Lekorat sehr erfolgreich sind. Aber das heißt im Umkehrschluß für mich nicht, dass ich das Lektorat einfach sein lasse. Das Argument mancher Indies, dass die Leser nach einem schlechten Indie-Buch nie wieder zu anderen greifen … glaub ich nicht. Passiert ja bei Verlagsbüchern auch nicht. Nicht einmal bei Autoren, oder? Selbst wenn mir ein Buch mal nicht gefallen hat, kauf ich vielleicht trotzdem wieder eines von diesem Autor.

Und was diese Verlags-Sache angeht: Ich denke, das fast alle Indies einen Verlagsvertrag annehmen würden, wenn die Konditionen halbwegs passen. Auch wenn sie vorher behaupten, dass sie das niemals tun würden, weil Verlage moralisch eine Stufe unterhalb vom Herrn der Fliegen stehen. Klar verdient man als Indie pro Buch mehr, aber in den Buchhandlungen präsent zu sein, ist dafür auch wirklich schwierig. Und die eigene Marketing-Möglichkeiten sind auch deutlich geringer. Ist da vielleicht manchmal ein wenig Futterneid im Spiel? Oder gekränkter Stolz?

Ich verteile jetzt mal ein wenig Gelassenheit im Äther, vielleicht breitet er sich ja aus. Jeder soll die Bücher schreibe, die er will. Qualität setzt sich nicht immer durch- leider. Es gibt viele tolle Indie-Bücher … und auch sehr viele schlechte. Es gibt in den Verlagsprogrammen tolle Bücher und auch viel Schrott. Und sehr viele Gründe bei einem Verlag zu sein – oder eben auch nicht. Das alles sind persönliche Entscheidungen und Geschmackssache. Klar kann man über alles diskutieren, aber man muss dabei nicht unflätig werden.

Oder wie Hortensia sagen würde: Contenance.
Oder, ums mit der besten Band der Welt zu sagen:

 

7 Gedanken zu “Sisyphos on Tour

  1. Hahahahaha! 😆 Als ich die ersten paar Zeilen gelesen habe, hatte ich dieses Lied im Kopf und dann scrolle ich weiter und da ist es! Hm, zwei Verrückte – ein Gedanke? 🙂
    Ist das übrigens ein guter Zeitpunkt, um zu sagen, dass ich noch nie ein Ben&Jerrys-Eis gegessen habe?
    Die Autorenwelt scheint ja noch schwieriger zu sein, als ich mir das vorstelle. War es eine schwierige Entscheidung, dann doch ein Indie-Autor zu werden? Bereust du es manchmal? Naja, lass dir gesagt sein, dass es da draußen viele, viele Leser gibt, die dir sehr dankbar sind, dass sie nicht zu lange warten müssen, um dein nächstes Buch in den Händen zu halten. 🙂
    LG, m

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    • Uh, die Sache mit Ben&Jerry musst du nachholen. Hat das Potential zu einer heißen, schmutzigen Affäre!

      Die Entscheidung als Indie zu veröffentlichen, war relativ leicht. Geduld ist nicht so meine starke Seite, und die Vorstellung, jetzt erst mal einen Agenten zu suchen, war mir zu anstrengend. Aber wer weiß, was die Zukunft bringt. Ich konzentriere mich auf das, was für Autoren wichtig ist: das Schreiben. Der Rest wird sich schon ergeben.

      Und danke für das liebe Kompliment. Das ist ein großer Vorteil der Indies: Wir haben ganz viel Kontakt mit unseren Lesern, weil kein Verlag dazwischen steht. Das alleine ist den Mehraufwand schon wert 🙂

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  2. Schöner, dezent ironischer Text, der mir, bis auf meine Verwirrung aufgrund der offenbar vertauschten Punkte Lektorat/Verlag, gut gefallen hat. Nur an dessen Ende muss ich, nicht müde werdend, diesen Punkt zu betonen, widersprechen: “ … tolle Bücher und auch viel Schrott. Wobei das eben auch ziemlich subjektiv ist.“
    Nein, nein, nein. Subjektiv ist der Geschmack, ob mir ein Buch gefällt oder nicht. Objektiv lässt sich aber sehr wohl (und leicht) sagen, ob ein Text gut oder schlecht ist. Subjektiv hasse ich Rosenkohl. Objektiv ist er ein „gutes“, weil nahhaftes und gesundes Kügelchen Gemüse.

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    • Danke fürs aufmerksame Lesen. Habs schon ausgebessert. Ein schönes Beispiel dafür, wie (selbst)überarbeiten Texte zerstört 😉 …

      das mit „gut“ und „schlecht“ ist eine schwierige Diskussion – es gibt technisch gute Bücher, die mich nicht abholen. Und es gibt eigentlich ramschige Bücher, die Kraft entwickeln. Schußendlich interessiert mich als Leserin immer nur, ob das Buch mich hineinzieht – und nicht, wie der Autor das erreicht hat. Und ich halte es für völlig unmöglich, als Subjekt objektiv zu sein.

      Hast du schon mal Rosenkohl mit Ahornsiurp und Granatapfel probiert? https://futterfotos.wordpress.com/2016/01/28/kohlsprossen-pfanne/

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      • Ich hab nix gegen Rosenkohl, war nur ein Beispiel 🙂
        Und ja, diese Gut/Schlecht-Diskussion ist einerseits müßig, weil’s letztlich nur darum geht, was mir persönlich gefällt. Ich mag nur nicht dieses beliebige „Man kann eh nicht die Qualität von Kunst bestimmen“-Gerede, mit dem man jeden Schnodder verteidigt. Doch. Man kann Qualität bestimmen. Ich kann Picassos blaue Phase toll finden und seine kubistischen Werke eklig – trotzdem sind beide „gute“ (nicht nur technisch gesehen) Kunst. Es gibt für mich eben sehr wohl objektive Maßstäbe – weitab von „Über Geschmack lässt sich nicht streiten“.

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