Ich liebe urbane Mythen. Ihr kennt das, oder? Diese Geschichten, die nie dem Erzähler selbst, aber immer dem Cousin des besten Freundes der Putzfrau des netten Kellners in der Kneipe gegenüber der Firma einer Bekannten passiert sind. Garantiert.
Die ein wenig Grusel und Nervenkitzel in den Alltag bringen. Hat das was mit unserer Sehnsucht nach Geschichten zu tun? Vermissen wir die Anders-Welt, die die Menschheit immer schon begleitet hat? Die wir in unserer rationalen, fortschrittlichen Welt beinahe ausgerottet haben? Vielleicht bringen sie ein wenig Lagerfeuer-knisternde Romantik. Ein wenig Stammeszugehörigkeit. Ein wenig Verbundenheit mit den mythischen Wesen, die die tiefen Wälder rund um die Menschen jahrtausendelang bevölkert haben.
Neulich war Mr. Cole mit einem australischen Kollegen in Wien unterwegs. Mr. Australia wollte nach einer Runde Wiener Schnitzel auch mal etwas Ordentliches zu essen – und so waren die beiden in einem Australischen Pub. In Wien. Angeblich gar nicht schlecht, laut australischer Meinung.
Nun hat ja jeder Österreicher, der schon mal im englischsprachigen Ausland war, die Erfahrung gemacht, dass Austria öfter mal mit Australia gleichgesetzt wird. Deswegen gibts in Wien auch T-shirts mit der Aufschrift „No Kangaroos in Austria“ zu kaufen. Ohne Schmäh! (=Kein Scherz.)
Daher waren Mr. Cole und Mr. Australia recht schnell beim Thema Kängurus. Und da hat Mr. Australia einen modernen (ungruseligen) Mythos erzählt, den ich euch unmöglich vorenthalten kann. Wie alle Mythen sehr unterhaltsam … und sehr unwahr 😉
Laut dem Mythos verwendet die ganze Welt das Wort „Känguruh“ für diese merkwürdigen, großen Beuteltiere – nur die Aboriginies nicht. Obwohl das Wort aus deren Sprache stammt. Wie kommts?
Als die Einwanderer damals auf die ersten Kängurus stießen, fragten sie die Ureinwohner (vermutlich mit Händen und Füßen) was das den für ein seltsames Tier ist. Die Antwort der Aboriginies war „Kangaroo“ … was in ihrer Sprache „Ich verstehe dich nicht“ hieß. Und tadahh … der Name des Tieres war geboren. Eine nette Geschichte, oder?
Ein Blick ins Internet verrät einem dann aber ziemlich schnell, wie es vermutlich wirklich war: Das Wort für Känguru des besagten Aboriginies-Stammes war „gangurru“ … was dann gar nicht so weit entfernt ist vom heutigen Känguru.
Die Geschichte erinnert mich an die Erzählung „Kannitverstan“ von Johann Peter Hebel: